Spuni & family
  November 2009
 
November 2009

Halloween wurde mal wieder gefeiert! Dieses Jahr war nun auch Luis freiwillig bereit, sich in die Maske zu begeben und mit Papa an der Hand war es reine Männersache, da Mami an diesem Tag bereits auf dem Weg nach Peking war. Statt gruseliger Kostüme hüpfen hier auch Biene Majas nebst Tigerenten und Prinzesschen durch die Gegend. Aber egal, auch wenn die Chinesen noch nicht begriffen haben, worum es überhaupt geht, verkleiden macht allemal Spaß! Mami durfte dafuer an Thanksgiving als Pocahontas durch die Gegend eilen.



Schnee satt, wie alle Jahre wieder im November, hatten wir diesmal am zweiten Novemberwochenende. Papa lag mit Magen Darm Grippe flach und Luis vergnügte sich mit der frierenden Mami im Schnee. Aber wie heisst es so schön: Es ist nie zu kalt, man hat bloss die falsche Kleidung. Ja, ja... wie wahr!


Luis benutzt auffällig oft das Wort „warum“!!! Ungefähr 3 x pro Minute, ist das normal??? Dazu liebt er momentan „wenn...dann“ Sätze und ich könnte mich oft wegschmeissen vor lachen, was dabei herauskommt. Nicht, dass er es nicht beherrschen würde, teilweise unglaublich, welch lange Sätze er bildet. Ich frage mich nur: Wie kommt er auf diese Ideen? Beispiel: „Wenn die Mami mich in den Kindergarten fährt und bremsen muss, dann können die Reifen blockieren!“ Wer bitteschön lernt ihm solche Sachen?? Oder könnte es tatsächlich sein, dass ich mit meinen 218 PS unterm Hintern mal so rasant vor dem Kindergarten bremsen musste, dass die Reifen blockiert haben und er deshalb aus Erfahrung spricht??


Der zweite Hase ist gestorben, also Hinkelotta. Woran ist nicht wirklich zu sagen. Heiner meint, ich soll die Wahrheit schreiben, dass er beide Pfoten gebrochen hatte und nicht mehr hoppeln konnte... Aber wie soll ich das rechtfertigen? Habe mal wieder die Hasenhöhle ausgegraben und mir wurde fast schwindelig als ich begriff, wie tief die Höhle geht. Hatte es ja immer vermutet, die Hasen sind verwunschene Vietkongs, die sich durch die halbe Erdkugel gegraben haben. Aber schliesslich hatte ich Erfolg und konnte dem Leichnam nun doch noch ein Grab schaufeln... So, nun wäre die Hasenstory eigentlich zu Ende, wenn da nicht der neu hinzugekommene Hase wäre, den ich erst vor ein paar Wochen aufgenommen habe mit dem Hintergedanken, den nun Verendeten nicht an Einsamkeit sterben zu sehen. Wie man es macht, es ist immer verkehrt. So hab ich vielleicht Mitschuld an seinem Tod, weil er vielleicht aus Frust über sein neues Weibchen in den Himmel gefahren ist. Wie dem auch sei. Das Weibchen, ich habe sie „Penner“ getauft, weil sie in unserem selbstgezimmerten Hasenstall irgendwie lebt wie unter der Brücke, fehlt nur noch, dass sie Rotwein säuft, ist leider ein „Haushase“. Hasen werden in China „der Kinder wegen“ gehalten. Man kauft sie in winzigen Käfigen von den fliegenden Händlern unter der Brücke (da haben wir wieder die Assoziation zum Penner) und wenn die kleinen Puschelhäschen dann plötzliche Mörderausmasse annehmen, will sie keiner mehr haben, denn die fressen einem ja die Haare vom Kopf. Von chinesischem Essen, angereichert mit Unmengen von Knoblauch und sonstigen Geschmacksverstärkern, sind sie nicht unbedingt sattzukriegen, geschweige denn beeindruckt. Was ich eigentlich sagen wollte: Der Hase friert. Schon bevor der Schnee kam, bibberte er sich nachts einen ab. Die Vietkonghöhle hat er gemieden wie der Teufel die Pest (war ja der Angetraute dort mitten im Weg gelegen, nicht mehr im frischesten Zustand). Und als dann der Schnee kam, da saß er doch glatt um Gnade flehend vor unserer Verandatür und hatte einen Blick drauf, als würde er gleich mit einem Satz durchs Glas springen, nur um nach drinnen zu kommen. Nun muss ich dazu sagen, dass wir keinen Keller haben, dafür ein drittes Stockwerk in dem wir aufbewahren, was andere so im Keller haben. Also Dinge, die man eigentlich nicht mehr benötigt, aber es nicht übers Herz bringt sie wegzuwerfen. Nun war also klar, der Hase überlebt den Winter nicht im Freien. Was tun? Ab in die Garage. Die ist aber ziemlich eng. Ich also mit Mountainbike und Fahrradanhänger am nächsten Tag in den dritten Stock. Hurra, da freuen sich die Wände! Der Hase sitzt also nun in einer Kiste, aber in der Garage und diese ist immerhin beheizt. Heiner hat ein schlechtes Gewissen und ihm tut der Hase leid. Ich kann nur sagen: mir geht es nicht anders als dem Hasen und letztendlich bin ich ja auch einer... Sitze halt in einer etwas größeren Kiste. :-)

So: gerade legt mein Mann Einspruch ein. Heiner hat das Grab geschaufelt, Heiner hat den toten Hasen aus der Höhle gezogen und Heiner hat das Kreuz auf dem Grab gebastelt. Ist ja wohl selbstverständlich, er ist ja der Mann von uns beiden! Aber ich sollte es nochmal ausdrücklich erwähnen.

Ein weiterer Unfall, sehr grausam. Erst der abgerissene Arm eines Menschen, dann in einer Blutlache der Mensch selbst, kaum mehr als solcher erkennbar. Liegt da einfach und keiner hält an. Kein Fahrzeug zu sehen, war wohl ein Fussgänger, der von einem Lkw erfasst wurde. Was soll man tun? Man weiß überhaupt nicht wo man anrufen kann, abgesehen davon, dass einen niemand verstehen würde. Sofern man einen Kollegen an den Apparat kriegt der übersetzen könnte, gestaltet es sich alsdann etwas schwierig den genauen Standpunkt zu erklären. Man kennt den Strassennamen nicht und Ortsschilder gibt es auch nicht auf dem Land. Man könnte sagen, ca. 20 km südlich von Shenyang an einer Autobahnausfahrt, das wär es dann schon gewesen... Nachts auf unbeleuchteten Strassen, mit Fahrzeugen die genausowenig beleuchtet sind, ist es mitunter lebensgefährlich zu versuchen, ein anderes Fahrzeug anzuhalten. Und wenn man als Ausländer erkannt wird, geben die meisten sowieso Gas, aus Angst, nichts zu verstehen und das Gesicht zu verlieren. Herrje! In diesem Fall hat dann doch noch ein Fahrzeug gehalten und die Polizei alarmiert, obwohl klar war, dass jede Hilfe zu spät kommt. Das beschäftigt einen tagelang und man kriegt die Bilder nur schwer wieder aus dem Kopf. Immer wieder denkt man, wie wertlos doch ein Menschenleben ist. Jeder ist hier froh, dass es nicht ihn selbst getroffen hat und denkt, schnell weg von dem Ort, an dem sich böse Dämonen aufhalten. Ja, so ist das mit dem Aberglauben...


Endlich! Meine beste Freundin mit Tochter kamen zu Besuch! Natürlich habe ich sie in Peking empfangen. Dass man gerade in diesen 3 Tagen künstlichen Schnee fallen lässt zeigt, dass wir das Besondere unwiderruflich anziehen! Es hat uns zwar den Ausflug auf die Mauer verdorben, nicht aber den Spaß, den wir stattdessen mit unserem „rasenden“ Tourguide hatten... nur so viel sei gesagt: Er hatte es nicht einfach mit uns... Kurzerhand haben wir ihm dann den Wanderstab in die Hand gedrückt und ihn entlassen. Unvergessen wird unser erster Abend im Pomodoro, einem angesagten italienischen Restaurant mit Life Musik bleiben, in dem wir passend zur Halloween Party, so richtig in Stimmung waren.


Peking ist anders! Anders als wahrscheinlich jeder Tourist es erwartet. Man hat alle Möglichkeiten und nutzt eben jene, auf die man gerade Lust hat. Manchem ist man allerdings ausgesetzt, ob man nun will oder nicht. Man darf sich nicht wundern:

- wenn man die Lobby eines Luxushotels betritt und von einem doppelstöckigen Glockenspiel begrüsst wird, das einen durch seine sich drehenden, mittelalterlichen Figuren unweigerlich an den Schäfflerreigen im Turm des Münchner Rathauses erinnert

- wenn darunter in einem zweiten Reigen Walt Disneys sieben Zwerge Schneewitchen umtanzen

- wenn das Glockenspiel angebracht ist über einem riesigen Leonardi da Vinici`s „Abendmahl“ nachempfundenen Wandgemälde –wo es dem chinesischen Kopisten allerdings offensichtlich zu langweilig zuging, sodass er dem Original ein Ausmass an Zwergen, Gauklern und halb entblössten Frauen zur Seite stellte, von denen eine dem Herrn mit dem Heiligenschein in der Mitte die Hand reicht

- wenn die Kellnerin im Hotelcafe einem dann erklärt, das Bild stelle „die Hochzeit von Jesus und Maria“ dar... Ist mir so passiert...

Chinesen lieben Kitsch wie sonst wahrscheinlich nur noch die Amerikaner. Insbesondere in der Musik. Leichte Musik wurde doch wohl zur Begleitung von Wurzelbehandlungen, einem guten Zweck zugeführt. Dies ist jedoch im ahnungslosen China ausser Kontrolle geraten. In einem besonders gravierendem Fall schlüpfte die aus Europa verjagte „Ballade pour Adeline“ (Richard Clyderman) wohl Mitte der achtziger Jahre vorbei an Grenzschutz und Quarantäne und dudelt seither aus dem Lautsprecher des Kirchturms von Harbin ebenso wie aus Springbrunnen in Kanton, wo sie Tag für Tag und Jahr für Jahr Passanten peinigt bis ans Ende aller Zeit. Auf 18-stündigen Zugfahrten etwa, hört man im Dauerbetrieb leichte Musik aus Endloskassetten. Man kann also Unterwäsche, Reiseführer, Armbanduhr und Durchfallmittel, Kreditkarte und Wörterbuch zu Hause lassen und trotzdem eine schöne Reise haben, eines sollte man allerdings niemals vergessen: die Ohrstöpsel!

Dass China schon lange kein sozialistischer Staat mehr ist, merkt man spätestens dann, wenn das Telefon auf dem Hotelzimmer klingelt und einem in all dem süßen Gesäusel, das da aus dem Hörer in das verschlafene Hirn dringt, man schon bekannte Wörter wie „tschiipa, tschiipa“, aber auch Ausdrücke wie „Baby“ und „ma-sha-ji“ identifizieren kann. Ma sha ji heisst wörtlich „Pferd killt Huhn“, meint aber den weit unblutigeren Tatbestand der in westlichen Sprachen lautähnlichen „Ma ssa ge“. Zur Warnung: Das Wort steht in jedem Fall für ein Bündel individuell auszuhandelnder Dienstleistungen des Fräuleins am anderen Ende der Leitung. Es ist nichts unanständiges, sich das Fräulein aufs Zimmer zu holen. Zumindest muss es das nicht sein. Man kann sich während der Massage wunderbar erholen und entspannen... kurz vor dem Ende wird man dann (sofern man dem männlichen Geschlecht angehört) gefragt: „you want happy end???“. Wenn es nicht unanständig werden soll, dann sollte man unbedingt mit: „NO, thank you“ antworten!

Servicebetriebe mit ähnlichem Angebotsspektrum verstecken sich oft in Etablissements, die von aussen aussehen wie ein Friseursalon. Sollte einem der Sinn wirklich nur nach einem Haarschnitt und einer streng medizinischen Nacken- und Schultermassage sein, so meidet man am besten jene Läden, in deren Eingangsbereich man im Vorbeischlendern ein Dutzend schlanker, in Hot Pants endender Beine wippen sieht, während gleichzeitig ein Chor junger Friseurenmünder „Juhuuu“ heraustiriliert und der Verdacht nahe liegt, dass die Freude der jungen Damen einem selbst gilt.

Ja, Geschichten höre ich hier viele, vielleicht liegt es aber auch daran, dass ich immer nachfrage, alle Leute nerve und alles wissen will. Eine meiner Lieblingsgeschichten ist die des Kaffeeautomaten an der Uni. Dieser ist ein koreanisches Fabrikat und funktioniert daher nicht mit chinesischen Münzen, sondern eben nur mit koreanischen. Verspürt man also die Lust auf einem Kaffee, stellt man sich in die Schlange vor den Automaten und händigt den passenden Geldbetrag einer eigens angestellten Dame aus, die genau eine koreanische Münze zum Bedienen des Automaten besitzt. Sie wirft diese ein, der Automat brüht den Kaffee. Danach schließt sie den Automaten wieder auf, holt die Münze heraus, schließt wieder ab und bedient den nächsten Wartenden. Wie deutlich effektiver sie arbeiten könnte, wenn sie statt einer Münze gar zwei hätte?

Zeit, davon gibt es in China genug. Es ist alles möglich, aber es braucht seine Zeit, und die muss man sich halt nehmen. Geduld üben ist eine der Tugenden, die man sich hier als Erstes aneignet. Und wer mich kennt, weiß welche Herausfoderung das für mich war!! Aber: loslassen von allen Erwartungen kann befreien! Sehr sogar. Und ist vor allem anwendbar in allen Lebenslagen...“

Also, in diesem Sinne: Nicht so viel erwarten vom Christkind, gell! Eine schöne Adventszeit wünschen Euch die Berger’s


 
 
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