Der August begann mit hohen Temperaturen und ließ uns tagsüber mehr im Haus verweilen als im Garten. Bei einer Einladung zu einem Kindergeburtstag, steckt sich Luis mit Scharlach an und wir müssen mit ihm ins Krankenhaus. Ein paar Tage später sticht den Unglücksraben noch eine Biene. Diverse kleinere Stürze und Abschürfungen sind an der Tagesordnung und werden unter „Erfahrungen“ gebucht. Es sieht so aus, als hätte Luis durch den Fieberschub der Krankheit auch einen „Sprachschub“ gemacht. Plötzlich spricht er alles nach und es fällt uns manchmal schwer, seinen chinesischen Wortschatz zu verstehen. Seine Ayi und er gehen täglich auf Wanderschaft und mir wird manchmal Angst und Bange, wenn sie nach 2 Stunden immer noch nicht zurück sind. Ein Ritual von den beiden ist, „Li`s“ zu pflücken, eine Mischung aus Apfel und Birne. Diese Frucht gibt es in Deutschland nicht, aber sie ist definitiv Luis Lieblingsfrucht.
Das Berlitz Institut hat mir wieder eine Studentin vermittelt und so bin ich 3 x die Woche bis Ende September als Sprachlehrerin tätig. Es tut mir ganz gut, etwas Abwechslung zu haben.
Diverse Barbecues, Besuch von Lennart bei seiner Rückkehr aus Deutschland, ein paar Ausflüge (welche uns meist zeigen, daß wir uns diese sparen können) und natürlich die Olympiade, haben den Monat schnell vergehen lassen. Am 18.8. wurde der Herbst eingeläutet und fast auf den Tag genau sind die Temperaturen gesunken und die schönste Jahreszeit hat Einzug gehalten. Endlich haben wir auch einen Biergarten im Freien, und dazu nicht an einer 6-spurigen Schnellstrasse. Er befindet sich im neuen Lexington Hotel, geführt: natürlich von einem Schweizer!
Sehr bewegt haben uns die Berichte aus Deutschland über die Olympiade. Wir waren teilweise überrascht, wie westliche Autoren die Lage hier beschrieben haben und uns dann gefragt, warum alles so mies gemacht und über soviele falschen Tatsachen geschrieben wird. Auch wir stossen immer wieder an die Grenzen unserer Toleranz, aber wir dürfen nicht vergessen, daß WIR hier die Ausländer sind. Um das Land und die Menschen zu verstehen, braucht es sehr viel Hintergrundwissen und es ist mühsam sich dieses anzueignen. Doch gerade ausländische Journalisten, sollten sich dessen bewußt sein. Es bringt nichts, „Stimmung gegen die Chinesen zu machen“. Vielmehr sollten sie hinterfragen, warum bestimmte Dinge so sind wie sie sind. Uns haben die Menschen hier sehr leid getan, denn sie sind so voller Vorfreue und Stolz gewesen, über die „Spiele“ im eigenen Land. Was haben sie denn schon? Die meisten leben in absolut ärmlichen Verhältnissen und wollen nur, daß sich die vielen Ausländer hier wohl fühlen. Wir sind froh, daß die negative Berichterstattung nicht zu ihnen durchgedrungen ist. Sie hätten es sicher nicht verstanden. Es gibt natürlich einige Dinge, die auch wir nicht ganz verstehen und nicht gut finden in China, das heißt aber nicht, daß es bei uns in Deutschland besser ist, nur weil es anders ist.
Hier ein paar zusammengetragene Informationen für alle, die es interessiert:
Das „Reich der Mitte“ ist das drittgrößte Land der Erde und mit 1,3 Milliarden Einwohnern die Heimat der größten Nation der Welt. Kein anderer Staat hat so viele Nachbarländer, nämlich 14, und die Vielfalt der Landschaft ist beeindruckend: Hier steht der höchste Berg der Erde (Mount Everest, 8848 Meter), der Jangtse ist einer der längsten Flüsse (6300 Kilometer). Es gibt aber auch traumhafte Strände (z.B. auf der Insel Hainan) und hochmoderne Städte (wie Shanghai).
Im Vorfeld von Olympia wurden Bauern enteignet, um auf deren Land Sportstätten im großen Ausmaß bauen zu können. Wegen der stark verschmutzten Luft wurden Fabriken in Hinterhöfen geschlossen und alte, verwinkelte Stadtteile in moderne Hochhaussiedlungen umgestaltet. Die Todesstrafe wird nach wie vor in keinem anderen Land so oft vollstreckt (470 Hinrichtungen im Jahr 2007).
Bereits in den 70er Jahren beschloss die Regierung von China, dass ein großer Teil der Chinesen nur noch ein Kind haben darf. Das Ziel dieser Politik war es, das rasante Bevölkerungswachstum unter Kontrolle zu bringen, das jeden wirtschaftlichen Aufschwung aufzufressen drohte. Schon damals wurden eine Reihe von Ausnahmen beschlossen. Das Verbot gilt im vollen Umfang nur für Städter, die darüber hinaus der Han-Mehrheit angehören. Für alle anderen Chinesen und die 56 nationalen Minderheiten gelten nur eingeschränkte Bestimmungen der Einkindpolitik.
Alles wird ungeniert kopiert, da in China das Nachahmen eine lange Tradition hat. Schon das Erlernen der komplizierten chinesischen Schrift wird hauptsächlich über das Nachzeichnen der Zeichen erlernt. Auch gilt ein Lehrling erst dann als Meister, wenn er ein Stück seines Lehrmeisters bis ins Detail kopieren kann. Sowohl die Regierung als auch viele Geschäftsleute betrachten Kopieren aus dem Ausland als Schlüssel zum Erfolg. Dass das auch Raub von geistigem Eigentum bedeuten kann und strafbar ist, steht in einem umfassenden, gesetzlichen Regelwerk . Bei vielen ist diese Rechtsauffassung aber noch nicht vorhanden – und entsprechend niedrig sind die Hemmschwellen. Aber, haben die Chinesen auch eigene Ideen? Ja. In den letzten Jahren haben die Zahl der angemeldeten Patente Rekordzahlen erreicht. Mit knapp 4000 Erfindungen belegt China Platz acht der Patentrangliste – vor Schweden und der Schweiz, aber immer noch hinter den USA, Japan und Deutschland.
Essen Chinesen tatsächlich alles, was vier Beine hat und kein Tisch ist? Ja, sie tun es. Die kantonesische Küche im Süden des Landes, zu der auch die Hongkongs gerechnet wird, ist berüchtigt für die Frische ihrer Zutaten. Auf den Märkten verkaufen Händler lebende Kaninchen, denen sie schon die Haut abgezogen haben. Aber auch Schlangen und Insekten landen auf den Tellern. Hunde werden mit Vorliebe in Peking gegessen. In speziellen Hunderestaurants wird alles serviert, was der Vierbeiner zu bieten hat: Hundehaut, Hundepfote, Hundepenis.
Der chinesische Name (oder Begriff) für westliche Ausländer ist „Lao Wei“ was soviel wie Langnase oder westlicher Teufel bedeutet. Die Chinesen benutzen diesen Ausdruck für alle westlichen (weißen) Ausländer. Er weist einerseits wirklich auf die unterschiedlichen Nasenformen hin, andererseits führt er vor Augen, dass die Chinesen ein sehr stolzes Volk sind und die europäische Besatzungszeit und Eroberung bis heute nicht vergessen haben.
So wie bei uns jeder braun sein will, wollen in China vor allem die Frauen möglichst makellos helle Haut haben und gehen deshalb ungern in die direkte Sonne. Deshalb laufen so viele Chinesinnen mit Sonnenschirmen herum. Das hat mit der noch recht frischen Erinnerung an die einfache Feldarbeit zu tun. Noch vor zwei bis drei Generationen arbeiteten große Teile der chinesischen Bevölkerung auf den Äckern, die Haut wurde braun. Menschen mit hellem Teint gelten als privilegiert und auch Werbe-Models haben eine viel hellere Hautfarbe als die meisten Chinesinnen. Es werden Unsummen allein mit Bleichungscremes und Teintaufhellern umgesetzt.
China heißt eigentlich Zhōnghuá. In Chinas zwölf größten Städten leben zusammen 122 Millionen Menschen – mehr Einwohner als in ganz Deutschland. Deutschland passt 26 Mal in China. Die Wirtschaftsleistung pro Kopf entspricht ca. einem Fünfzehntel des deutschen Niveaus. 130 Millionen Chinesen verdienen weniger als 1 Dollar/Tag. Kein Staat der Welt hat mehr Nachbarländer als China, nämlich 14: Vietnam, Laos, Myanmar, Bhutan, Nepal, Indien, Pakistan, Afghanistan, Tadschikistan, Kirgisistan, Kasachstan, Russland, Mongolei und Nordkorea.
Wie heiraten Chinesen?
Morgens klopft der Bräutigam an die Tür seiner Braut und muss sie suchen – zuvor wurde sie von ihren Verwandten versteckt. Nach anschließender Teezeremonie im Haus der Eltern des Bräutigams, fährt die gesamte Hochzeitsgesellschaft in ein gemietetes Restaurant oder Hotel. Oft sind der Braut viele Gäste nicht bekannt, denn nach Brauch muss der Bräutigam alle seine Vorgesetzten einladen. Wer in China was auf sich hält, bucht für die Jawort-Zeremonie einen Showmaster. Während des Ringtauschs ist die Braut weiß gekleidet. Den Abschluss bildet ein rotes Kleid – die Farbe immerwährenden Glücks.
Warum verehren die Chinesen Oliver Kahn?
Oliver Kahn besitzt in China einen Status, den er so nicht einmal in Deutschland innehat. Fast jeder Chinese, der schon einmal von der Deutschen Nationalmannschaft gehört hat (und das sind sehr sehr viele), verehrt Oliver Kahn. Er hat eine eigene Webseite (www.kingkahn.cn) in der Volksrepublik und in den Chinesischen Medien laufen zur Hauptsendezeit Reportagen über ihn. Das liegt einerseits an seiner körperlichen Statur, andererseits an seinem unbedingten Siegeswillen und seiner Mentalität, die die Chinesen verehren.
Sind Chinesen wirklich alle kleine Menschen?
Nein, nicht alle Chinesen sind klein. Der größte Mensch der Welt ist mit über 2,40 m Körpergröße eine Chinesin – die allerdings an einer krankhaften Wachstumsstörung leidet. Von solchen Ausnahmen abgesehen, verhält es sich mit der Körpergröße ähnlich wie auch in Europa – sie ist regional unterschiedlich. Ein Nordchinese, etwa aus Peking, ist in der Regel deutlich größer als ein Südchinese. Nordchinesen können durchaus zwischen 1,80 bis 1,90 m groß sein.
Wo ist China am westlichsten bzw. fremd für uns?
Durch die lange Zugehörigkeit zur Britischen Krone ist Hongkong sehr stark europäisiert und viele Menschen sind des Englischen mächtig. Auch die Architektur, der (Links-)Verkehr und das Essen erinnern stark an Europa.
Typisch „chinesisch“ wird es schon etwa 100 km in Richtung Norden – in Guang-zhou (Kanton). Hier verkaufen die Menschen auf den Märkten noch Tigerkrallen, getrocknete Flugeidechsen oder Rhinozeros-Horn. Die Restaurants bieten Delikatessen wie Quallensalat, gebratenes Saugferkel oder Schlangen und Insekten an.
Wie wichtig ist China als Produktionsstandort?
Ohne China scheint nichts zu gehen: Mit einer Millionen Tonnen geerntetem Tee jährlich ist China der größte Erzeuger. Das Land produziert 80 Prozent der Eisschränke weltweit und alle Klimaanlagen. 2007 wurden dort 548 Millionen Mobiltelefone gebaut – umgerechnet jedes zweite Handy der Welt. 16 000 chinesische Gürtel-Anbieter listet Alibaba.com – der größte Import-Export-Handelsplatz im Internet. 250 Mio. Paar Schuhe hat Deutschland letztes Jahr aus China importiert – das sind mehr als zwei Drittel aller Schuhe, die die Bundesrepublik einführt.
Warum lächeln Chinesen dauernd?
Das chinesische Lachen ist oft auch ein Ventil für starke Gemütsbewegungen. Deshalb kann es vorkommen, dass Chinesen in Situationen lachen, die für einen Europäer schockierend sind, z.B. bei einem Unfall oder einer Katastrophe. Lächeln ist vor allem in kritischen Situationen angebracht – es soll einer Eskalation vorbeugen. Es kann aber auch dafür herhalten, das Gegenüber zu täuschen. Generell dient das Lächeln jedoch der Entspannung, und Chinesen sind der Ansicht, dass Ausländer zu wenig lächeln.
Wie verfluchen die Chinesen ihre Mitmenschen?
Die Chinesen verehren die Gleichmäßigkeit. Wenn sie jemanden verfluchen wollen, wünschen sie ihm „Ein Leben in interessanten Zeiten!“ Sich mit vielen Veränderungen arrangieren zu müssen, wird als Zumutung empfunden.
Das war`s für diesen Monat, bis bald...