Spuni & family
  März 2009
 
Der Frühling ist ins Land gezogen und mit ihm auch die guten Vorsätze, etwas für die vernachlässigten Körper zu tun... Da ich über mehr Zeit als Heiner verfüge, war es nicht schwer meinen Vorsatz in die Wirklichkeit umzusetzen und so gehe ich mindestens 3x die Woche ins Gym. Von jämmerlichen 5 Minuten laufen am Stück konnte ich mich bereits auf 30 Min. steigern. Und mit Heiner als Trainer, machen auch die Geräte Spaß.

Luis ist happy im Kindergarten und verblüfft nun mit seinem täglich wachsenden Englischwortschatz. Unglaublich, wie schnell Kinder eine Sprache adaptieren. Uns soll es recht sein, solange er nicht alles durcheinanderbringt. Doch scheint er genau zu wissen, mit wem er welche Sprache sprechen soll. Wenn die Erzieherin sagt: „Come to Gaby and give her a hug and a big kiss“, rennt er mit offenen Armen auf sie zu und drückt und knutscht sie, dass mir Angst und Bang wird. Dann flötet er noch ein „see you tomorrow“ und winkt zum Abschied. Tja, leider ist er dann daheim wie ausgewechselt und scheint sich voll in der Trotzphase zu befinden. Für mich momentan eine tägliche Herausforderung. Man fühlt sich, als würde man nur noch schimpfen und alles verbieten und es geht nichts ohne Widerrede. Ich sage mir oft „alles geht vorüber“, und hoffe, daß dem auch so ist.

Am 5. März wurde ohne große Vorankündigung die Autobahn in die Stadt gesperrt. Nicht, wie man annehmen würde, erstmal eine Spur, nein, gleich komplett und das voraussichtlich bis Oktober! Es gibt leider nur eine Hoppelstraße als Alternative, die nun völlig überlastet ist. Da, wie in China meist üblich, 2-spurige Straßen als 4-spurige genutzt werden, sind Unfälle und dadurch entstehende Staus vorprogrammiert.

Meine Chinesisch Lehrerin ist schwanger und deshalb ist das Thema Ein-Kind-Politik auch im Unterricht präsent. Hat China nun eine strenge Ein-Kind-Politik oder nicht? Ja und Nein. Es gibt strenge Gesetze und Strafen für Eltern, die mehr als ein Kind bekommen (wie jeder im Westen weiß). Und trotzdem ist die Ein-Kind-Familie in China nicht die Regel, sondern die Ausnahme (was die meisten Europäer überrascht). Nur jedes fünfte Kind in China ist ein Einzelkind. Warum? Weil der Großteil der Menschen durch die Maschen des Netzes schlüpft. Weil sie unter die Ausnahmeregelung fallen, wie sie für die Minderheitenvölker gelten oder für die Bauern, deren erstes Kind ein Mädchen ist. Oder aber weil sie sich um die Regeln schlicht nicht scheren. Viele durchs Land streifende Wanderarbeiter entschlüpfen den Kontrollen (sind es 100 Millionen? 150 Millionen?). Andere, weil sie die Strafen zahlen ohne mit der Wimper zu zucken. 12000 Dollar Buße kostet es in Shanghai, unerlaubt ein zweites Kind zu haben. Und die Zahl der Chinesen, die es sich leisten können, wächst von Tag zu Tag. Wenn beide Partner in einer Ehe Einzelkinder sind, dann dürfen sie zwei Kinder haben. Wenn beide Partner einen „Master-Abschluss“ haben, dann dürfen sie zwei Kinder haben. Und, und, und. So vermehren sich die Reichen und die Schlauen von alleine.

„Gebäre nur einmal, dafür in besserer Qualität“ ist einer der Wandsprüche der Familienplanungs-Komission, die sie im ganzen Land an die Wände von Fabriken und Bauernhäusern pinseln. Ein Sohn ist für viele immer noch Altersversicherung. Töchter nämlich verlassen bei der Heirat ihre eigenen Eltern und werden Teil der Familie des Mannes. Der Sohn aber bleibt zuhause und sorgt für die Eltern. Das Sehnen nach einem Sohn hat mittlerweile zu einer gefährlichen Verschiebung im Gleichgewicht der Geschlechter geführt, vor allem auf dem Land. Schon jetzt hört man immer öfter von Frauenentführungen. Das größte Problem ist die Verbreitung der Ultraschall Technik. Mit dem Ziel der Geschlechterbestimmung vor der Geburt zwar offiziell verboten, aber wie viele Gesetze in China kann auch dies gegen einen kleinen Obolus umgangen werden.

Einen Sohn zu haben ist nicht bloß der materiellen Absicherung wegen wichtig: Nur ein männlicher Nachkomme darf den Ahnen opfern, nur er kann dafür sorgen,dass ihre Seelen in Frieden ruhen. („Wenn ein Sohn geboren wird, lass ihn im Bett schlafen, kleide ihn in feines Tuch, und gib ihm Jade zum Spielen“ heißt es im fast 3000 Jahre alten „Buch der Lieder“, „Wenn eine Tochter geboren wird, lass sie auf dem Boden schlafen, wickle sie in groben Stoff, und lass sie mit Ziegelbrocken spielen“.) Menzius, der einflussreiche Nachfolger von Konfuzius sprach: „Drei Arten von Mangel an Kindesliebe gibt es. Am schlimmsten ist es, keine Nachkommen zu haben.“ Wer kinderlos bleibt, versündigt sich an den Eltern. Und so wurde China zum größten Volk der Erde.

Heiner hat sich auf den Weg nach Deutschland gemacht und so versuchen Luis und ich uns die Zeit kurzweilig zu gestalten. Mal sehen, was uns so alles einfällt...

Bis bald, Eure momentan 2 Chinesen...

 
 
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